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Esel sind anders...
Wenn Sie mit dem Gedanken spielen, sich einen Esel anzuschaffen, dann sollten Sie dieses mit Blick darauf tun, dass ein Esel zwischen 35 und 40 Jahre alt wird, ordentliche Haltungsbedingungen braucht, uneingeschränkte Zuwendung sucht und wenigstens einen zweiten Artgenossen. Dann sollten Sie keinesfalls davon ausgehen, dass nur Hengste brüllen, sondern auch Wallache und auch Stuten sich über weite Entfernungen hin mit anderen Eseln, manchmal aber auch mit der entfernt tutenden Eisenbahn verständigen können.
Schon abgeschreckt?
Esel benötigen außerdem eine Bezugsperson, die mit ihnen in eseliger Art durch dick und dünn zu gehen bereit und imstande ist, die aber auch -
Nicht verwechselt werden sollte dieses Vertrauen mit menschlicher Tierliebe. Esel müssen nicht ständig beschmust und mit Leckerlis verwöhnt werden, weil sie ja "so süss" sind. "Süss" mag ein Motiv für die Anschaffung eines Esels sein. Ganz schnell aber ergibt sich, dass die Beziehung zum Tier niemals nur auf dieser ausschließlich menschlichen Betrachtungsweise fußen kann. Der Esel will als Esel behandelt und respektiert werden, dann wird er dem Menschen als sein Herdenmitglied auch die entsprechende eselige Zuneigung zukommen lassen, mehr aber auch nicht. Wer mehr will, sollte sich eher einen Hamster anschaffen.
Jetzt abgeschreckt? Nein?
Der Esel merkt nach kurzer Zeit bereits, ob er einen Menschen vor sich hat, dem er das notwendige Vertrauen entgegen bringen kann oder eben nicht. Typisch die Entwicklung, die unser Oskar genommen hatte: Für den damaligen Besitzer endete die Beziehung, obwohl Oskar als 6 monatiges Fohlen zu ihm gekommen war, in einer Katastrophe. Oskar dominierte mit zunehmendem Alter und okkupierte ganz in allerdings eselig territorial korrekter Veranlagung schließlich das Gartengrundstück auf dem er gehalten worden war. Er hatte zum Schluss der Beziehung ein Territorium für sich, sein mit ihm lebendes Schaf und sein Lama ganz allein und fand das richtig gut.
Immer noch nicht abgeschreckt?
Dann sollten Sie sich mit der Frage ernsthafter beschäftigen, sich ggf. einen solchen Individualisten anzuschaffen und mit ihm die nächsten Jahrzehnte gemeinsam zu durchleben. Ein Esel nimmt, er gibt aber auch wieder. Und die erste Brücke oder der erste Bach, den Sie wie auch immer gemeinsam durch-
Da ist nun entweder akut Geduld gefragt mit dem möglichen Ergebnis, dass der Esel auch nach zwei Stunden immer noch nicht über diese vermaledeite Brücke geht und der Abend hereinbricht, das Nachtlager in der Alm somit entfällt, weil ein weiter Umweg zu nehmen ist, oder aber vorherige lange Übung, die mit möglichst kleinen Schritten es dem Esel ermöglicht, das Gefahrenpotential einzuschätzen und vermeintlich beherrschbar zu machen. Solches simulieren z.B. die Parcours in den Wettbewerben und ist große Kunst ...
Wurde z.B. über Wochen und Monate hinweg mit dem Esel vorher geübt, dass er (erst mal nur durch die Kuhle, dann durch die feuchte Kuhle, dann durch die Kuhle mit etwas schlammigem Wasser, durch die Kuhle mit einer kleinen Pfütze am Rand/in der Mitte, durch die Kuhle mit einer größerenen, aber immer noch seichten Pfütze...) schließlich durch die Kuhle mit einer richtigen Pfütze gehen kann, ohne dass er sofort in der potentiell extrem tiefen Wasserfläche für immer untergeht, kann man das auch am Ufer eines Stausees üben und schließlich auch mit Hilfe kleinerer Wanderungen in der Umgebung, in denen gezielt kleine und dann größere Bäche aufgesucht werden. Schließlich wird der Esel ganz einfach durch das Wasser gehen können, (selbst wenn er dabei nass wird), wenn nur der den Esel begleitende Mensch in seiner grenzenlosen Überheblichkeit vorausgeht und dem Esel beweist, dass er ihm vertrauensvoll folgen kann, ohne zu ertrinken.
Manche Esel bringen da schon sehr viel mit, andere sind wieder ganz extrem furchtsam, was Wasser anbetrifft. Der Bach wird aber so zum beherrschbaren Element, die Sache mit der (aus Eselsicht riesenhohen) Brücke ist damit allerdings immer noch nicht erledigt und muss ebenfalls extra trainiert werden. Im Parcours wird dazu eine große Holzwippe verwendet. Was aber nicht auch heißt, dass der Esel auf der Wanderung dann ohne Weiteres eine Brücke mit darunter mehr oder weniger heftig rauschendem Bach überquert. Der Esel ist eben individuell ...
Woher aber kommt soviel Individualismus?
Esel sind schon keine echten Herdentiere wie z.B. Pferde. Dies erklärt sich aus der Herkunft dieser Equiden. In rauhen Steppen und gebirgigen, teils auch wüstenartigen Landschaften verstreut sich der Familienverband, also die Herde in der das Individuum lebt, in der Regel über einen größeren Bereich, damit der Einzelne genügend Futter in der kargen Landschaft findet. Das heißt aber auch, dass jeder Esel, anders als beispielsweise Pferde, im Wesentlichen dann doch wieder auf sich gestellt ist, wenn es um die Frage geht: Der Nachbaresel wird gerade vom Puma angegriffen, lohnt es sich für mich nun auch loszupreschen und so wertvolle Energie zu verschwenden oder nicht? Pferde, die in ungleich futterreicheren Landschaften leben, folgen da ihrem Fluchtinstinkt, und rennen dem Herdenchef/der Leitstute hinterher, der/die hat meist zwar nicht den größeren Kopf, aber mehr Erfahrung. Esel denken individuell erst einmal nach und wägen selber die Vor-
Deswegen wird ein Esel -
Bild rechts:
Vorhänge mit rot-
Esel nehmen das gelassener,
für den Esel ist aber nicht klar,
was sich dahinter verbirgt und das erfordert deswegen
Vertrauen in den vorausgehenden Menschen. *)
*) wobei in dem Zusammenhang und zu meiner Ehrenrettung unbedingt erwähnenswert ist, dass das nebenstehende Foto mit dem Bahnübergang inklusive der Regentropfen auf der Kameralinse nur gefaked ist, oder in Hochdeutsch:
Dieses Foto wurde gestellt und weder der Esel noch der Zug wurden verletzt.
P.S.: Es handelt sich auch nicht um Apollo 13 aus dem fantastischen Film "Der Schuh des Manitou", sondern um unseren Oskar :-
Anschaffung eines Esels und Haltung
Sind nun die grundlegenden Fragen geklärt und haben Sie auch einen Platz für Ihren künftigen Lebensbegleiter gefunden, der die notwendigen Grundvoraussetzungen an Frischluft, Trockenheit/Unterstellmöglichkeit mit ausreichendem Windschutz, Auslaufmöglichkeit und Frischwasser mitbringt, geht es an die Anschaffung des Tieres: Sind Sie -
Und das kann man so alles mit Eseln anstellen:
z.B. Spaziergehesel, Wanderesel, Lastentrageesel, Nikolausesel, Palmesel, Zugesel, Kutschesel, Schlittenesel, Bergsteigeresel, lieber Esel ...
Wer nun losstürmen möchte, um sich sogleich einen Esel zu kaufen, der sei zunächst auf den folgenden Link zu den Haltungsbedingungen verwiesen. Nachdem wir hervorragende Erfahrungen mit unserem Notesel Benjamin gemacht haben, sei vor Allem auch die Noteselhilfe dem suchenden Eselfreund an´s Herz gelegt. Gegen einen geringen Obolus, der bei diesen überaus engagierten Leuten gut angelegt ist, kann hier ganz nebenbei auch noch sehr viel Leid gelindert werden.
Einen guten Marktüberblick kann man sich natürlich auch über gängige Medien, wie z.B. Zeitungsanzeigen oder das Internet verschaffen. Sehr erwähnenswert sind auch die Verbände und da insbesondere die IGEM Interessengemeinschaft der Esel-
Beim Aussuchen des geeigneten Tieres sollte dann aber in jedem Fall jemand dabei sein, der auch Ahnung von den körperlichen und seelisch-
Sinnvoll ist in jedem Fall das ein oder andere Eseltreffen zu besuchen um sich (mit mehr oder weniger) erfahrenen Eselhaltern zu unterhalten und auch so herauszufinden, ob man dauerhaft den Anforderungen der Eselhaltung gewachsen ist. Notesel gibt es bereits zuviele.
Und Fütterungsfehler sind auch beim Anfänger vermeidbar. Generell zur Eselhaltung empfehle ich wärmstens das oben bereits angesprochene Buch Esel halten von Marisa Hafner, das den Einstieg in die Eselhaltung erleichtert und äußerst kompetent die praktischen Fragen der Eselhaltung auch für fortgeschrittene Eselhalter aufarbeitet.
Das Gute zum Schluss:
Esel bleiben einfach stehen und geben auch weder einfach nach, noch rennen Sie davon. Das ist das "Oskarprinzip", das man auch sehr gut auf zwischenmenschliche Beziehungen übertragen könnte, und natürlich auch im Berufsleben. Hier können Esel ihren Besitzer viel lehren, nämlich erst zu überlegen und den Dingen auf den Grund zu gehen und dann erst Entscheidungen zu treffen, die aber dann meist auch fundiert sind. Das unterscheidet Esel und ihre Wahrnehmung von menschlicher Kopflosigkeit.
Esel haben eben doch die größeren Köpfe!
Freundlichst
Bernd Lichtenstern